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Unfugabwehr



Vergehen im Sinne Organen des Sicherheitsdienstes


Erstellt von: Büeble
Erstellt am: 04.10.2018
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Kommentare (6)


Ebenso geahndet wird Bettelei und „Unfugabwehr“. Die Vorschriften verweisen auf die Möglichkeiten allfälliger Forderungen von Organen des Sicherheitsdienstes. Personen, die an öffentlichen Orten andere belästigen oder am widmungsgemäßen Gebrauch von öffentlichen Einrichtungen nachhaltig hindern, sind anzuweisen, ihr Verhalten einzustellen oder den Ort zu verlassen.
Büeble 04.10.2018


Du bist ja nicht selber der Erfinder des Unsinns, aber auffallen hätt' er dir doch können, denn völliger Quatsch ist der von dir zitierte Satz aus der Doktorarbeit von Frau Mag. Kosztecky:
Ebenso geahndet wird Bettelei und „Unfugabwehr“.
source: Gertraud Kosztecky, Die Geschichte der Wiener Grünflächen im Zusammenhang mit dem sozialen Wandel ihrer BenützerInnen (Diss. Wien 2007)

Die Abwehr von Unfug ist doch kein Delikt, das geahndet (=bestraft) werden kann! Doch dann stellt sich heraus, dass die Dissertantin offenbar nicht die einzige ist, die die „Unfugabwehr“ für eine Untat halten, erklärt doch eine gutmenschliche Abgeordnete zum Wiener Landtag
Das Festhalten, das Ergreifen oder Zupfen am Gewand und das Versperren des Weges kann bereits nach dem Tatbestand (!!!) der Unfugabwehr des Wiener Landes-Sicherheitsgesetzes bestraft werden.
source: Wiener Landtag 30.3.2007


Tja, Lesen und Leseverständnis sind eben zweierlei Fähigkeiten!
Im Wiener Landes-Sicherheitsgesetz von 1993 heißt
Artikel I, 1. Abschnitt: „Anstandsverletzung und Lärmerregung“,
2. Abschnitt, „Bettelei“
3. Abschnitt - tatsächlich! - „Unfugabwehr“.
source: Wiener Landes-Sicherheitsgesetz, Wiener Landesgesetzblatt v. 22.9.1993

Daraus schließen nun Blitzgneißer-Doktorandinnen und -Abgeordnete, dass die Unfugabwehr als 3. Kategorie einen Tatbestand wie §1 und 2 darstellt und also der Täter der Unfugabwehr wie für Bettelei etc. zu strafen ist.

Mittlerweile hat man in der Hauptstadtaber offenbar begriffen, dass das Wort Unfugabwehr für solche Blitzgneißer inhaltlich zu schwierig ist, und hat den 3. Abschnitt umbenannt. Der lautet jetzt:
3. Abschnitt
Abwehr von Belästigungen und Sicherung des Gemeingebrauchs
source: Wiener Landes-Sicherheitsgesetz, RIS
("Gemeingebrauch" - immerhin auch ein Wort, das des Überlegens wert ist, nicht?)
Koschutnig 04.10.2018


Zu den "Anmerkungen":
Erfinder des Unsinns, ist doch kein Delikt,
Tja, Lesen und Leseverständnis sind eben zweierlei Fähigkeiten!....

Die sogenannte Unfugabwehr (§ 3 Abs. 1 zweiter Satz StGB.)
Büeble 04.10.2018


Büeble, ich entschuldige mich bei dir,
wenn du deinen Eintrag tatsächlich so begriffen hast, wie er (wenn auch weder in der Erstverkündung 1974 noch idgF erwähnt) im 2. Satz des österr. Notwehr-Paragraphen § 3 StGB dargestellt zu sein scheint: als unangemessene physische Abwehrmaßnahme einer nicht folgenschweren Fremdhandlung:

(1) Nicht rechtswidrig handelt, wer sich nur der Verteidigung bedient, [ .... .] .
Die Handlung ist jedoch nicht gerechtfertigt, wenn es offensichtlich ist, daß dem Angegriffenen bloß ein geringer Nachteil droht und die Verteidigung, insbesondere wegen der Schwere der zur Abwehr nötigen Beeinträchtigung des Angreifers, unangemessen ist.
source: Jusline.at

DOCH WER kennt, was der spätere Justizminister Foregger dazu sagt:

Durch den zweiten Satz des Abs 1 wird aber die sog Trutzwehr oder Unfugabwehr (durch eine Abwägungsklausel) eingeschränkt.
source: Egmont Foregger und Eugen Serini, Strafgesetzbuch (1982)
- Nochmals: „EINGESCHRÄNKT"!!!

Das verbreitete Missverständnis beruht also darauf, dass in § 3 (1) StGB nicht, wie immer wieder gemeint wird, die „Unfugabwehr“ selbst erklärt wird, sondern nur ihre Einschränkung, aus deren Überschreitung ein Vergehen, ein Tatbestand entstehen kann.

Die Begründung meiner schlechten Bewertung des Eintrags kann ich nicht ändern, die Bewertung selbst halte ich jedoch aufrecht, da der (sehr unklar erklärte) Begriff ("Vergehen im Sinne Organen des Sicherheitsdienstes") sich nicht auf die Rechtssprache Österreichs beschränkt, sondern auch in der deutschen üblich ist.
Unfugabwehr ist die Abwehr gegenüber Bagatellangriffen, die an der Grenze zu noch sozialüblichen Belästigungen liegen.
Das Notwehrrecht ist hier stark eingeschränkt
source: Rechtswörterbuch.de

Koschutnig 05.10.2018


"Unfugabwehr" in deutscher Rechtssprache:
Bei der Unfugabwehr geht es um rechtswidrige, aber unerhebliche Belästigungen, die an der Grenze der noch sozialüblichen Belästigungen liegen - Beispiel: Drängeln und Schubsen an Kassen bei Großveranstaltungen oder beim Einsteigen in öffentliche Verkehrsmittel.
Hier fehlt es schon am Notwehrmerkmal des Angriffs. [...] Die Abwehr mit Gewalt ist zwar nicht von vornherein verboten. Jedoch scheidet [...] die Abwehr mit erheblichen Körperverletzungen, z. B. einem kräftigen Fausthieb gegen den Kopf, zumindest grundsätzlich aus.
source: Volker Krey, Robert Esser, Deutsches Strafrecht Allgemeiner Teil (2016)
Damit abermals eine Fehlinterpretation vermieden wird: Natürlich bilden nicht die "rechtswidrigen Belästigungen" selbst die "Unfugabwehr" , sondern was der Belästigte dagegen unternimmt!
An der Universität Bonn wird im Strafrecht zur Notwehr und Abwehr des Unfugs gelehrt:

Eine Beschränkung der Notwehrbefugnis ergibt sich insbesondere bei Bagatellangriffen (sog. „Unfugabwehr“). So rechtfertigt der Gesang der angeheiterten Weinfestbesucher in Fall 8 keine Körperverletzung, mag dies auch das effektivste Mittel zur sofortigen Beseitigung der Störung sein
source: Urs Kindhäuser, Skript zur Vorlesung Strafrecht

Ein weiteres, sicher besonders die Österreicher berührendes Beispiel für die sogenannte „Unfugabwehr“ kommt von der Universität Trier:

3. Einschränkungen des Notwehrrechts (nach h.M. bei Gebotenheit zu prüfen) Sozialethische Einschränkungen des Notwehrrechts
a) Bei „Bagatellangriffen“ (sogenannte „Unfugabwehr“)  nur proportionale Verteidigung z.B. Wegschieben beim Vordrängeln am Skilift
source: Christian Jäger, Einführung in das Strafrecht I (AT), WS 2007/08

Koschutnig 05.10.2018


Ein Richter mailt mir aus Wien:
Die "Unfugabwehr" (Bagatellnotwehr)
stellt keinen strafbaren Tatbestand dar, ist aber UNTER BESTIMMTEN IN § 3 Abs 1 2. Satz StGB beschriebenen UMSTÄNDEN UNZULÄSSIG, nämlich dann, wenn es OFFENSICHTLICH ist, dass dem Angegriffenen bloß ein GERINGER NACHTEIL droht und die Verteidigung OFFENSICHTLICH (insbesondere wegen der Schwere der zur Abwehr nötigen Beeinträchtigung des Angreifers) UNANGEMESSEN wäre.
Aber auch in diesen Fällen ist die Unfugabwehr selbst NICHT STRAFBAR. Wenn man aber bei dieser unzulässigen Unfugabwehr den Angreifer verletzt, nötigt oder bedroht, kann man sich NICHT auf sein NOTWEHRRECHT berufen. Man wird also selber strafbar.
Koschutnig 16.10.2018





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